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Theaterstück "Die Physiker"

Wahnsinn mit Methode: Die Tanzenberger Theatergruppe bringt Dürrenmatts „Physiker“ mit erschütternder Wucht auf die Bühne


Unter der Regie von Prof. Anna Ragoßnig wagten sich die Schülerinnen und Schüler der Schauspielgruppe an Friedrich Dürrenmatts Physiker – ein Stück, das ebenso scharfzüngig wie düster die ethische Verantwortung der Wissenschaft thematisiert. Die Herausforderung: enorm. Die Textdichte: überwältigend. Der Stoff: alles andere als leicht verdaulich. Doch was das junge Ensemble leistete, war beeindruckend.

Schon die ersten Szenen ließen aufhorchen: Die Psychiatrie als vermeintlicher Rückzugsort entpuppte sich rasch als hermetischer Raum, in dem Wahnsinn, Macht und Erkenntnis in verhängnisvoller Symbiose verschmelzen. Die Darstellung der Chefärztin Dr. Mathilde von Zahnd durch Katharina Frei war von einer fast unheimlichen Präzision. Mit jeder Szene offenbarte sich ihr Wahn schleichender, vielschichtiger, beklemmender, bis er schließlich nicht nur das Publikum, sondern auch die anderen Figuren mit glühenden Krallen packte.

In der Rolle des Möbius brillierte Fabian Guggi. Seine Figur, zwischen wahnsinnigem Vexierspiel, geistiger Klarheit und moralischer Verzweiflung zerrissen, gewann durch seine Darstellung eine eindrucksvolle Tiefe. Klemens Ebner als Einstein und Leonhard Sendlhofer als Newton komplettierten das Trio der scheinbar irren Genies mit Spielwitz, aber auch der nötigen Ernsthaftigkeit.

Besonders der Schluss – ein szenisches Kammerspiel in völliger Dunkelheit – hinterließ Gänsehaut: Während der gefangene und resignierte Möbius in absoluter Finsternis wieder und wieder ein Streichholz entzündet und es sogleich verlöschen lässt, wiederholen die vermeintlich Wahnsinnigen Newton und Einstein mantraartig ihre kurzen Biografien. Es ist der Moment, in dem die Tragik des Schlusses greifbar wird.

Nicht weniger überzeugend zeigten sich die weiteren Darsteller: Katalin Ebner als nüchtern-aufmerksame Inspektorin, Theresia Jantscher als Schwester Monika, deren Auftritt für Möbius’ Dilemma entscheidend ist, sowie Jana Pfeiler, Anna Treven, Johannes Greiler und Jonathan Prem, die in mehreren Rollen die psychotische Welt dieses Mikrokosmos zum Leben erweckten.

Die Inszenierung von Prof. Anna Ragoßnig darf in jeder Hinsicht als großer Erfolg gewertet werden. Mit kluger Personenführung sowie einem durchdachten Stil (Licht, Raum und Klang wurden dezent, aber wirkungsvoll eingesetzt) ließ sie den Text wirken.

So blieb am Ende vor dem Applaus nur Stille. Die Art von Stille, die nur dann entsteht, wenn ein Stück tief getroffen hat.


Prof. Andreas Holzer



Kurzer Videoausschnitt

Bilder einiger Szenen


Schnappschüsse vor dem Theaterstück und in der Pause



 
 
 

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